Gegenüber ist es still

07.07.–15.08.2023

Draußen passiert auch noch was. Eine Behauptung? Eine überfällige Wahrheit? Wir befinden uns im Freibad, im Vorgarten, im Sonnenblumenfeld. Wir stehen, wir haben die Beine überkreuzt, sind vielleicht kurz vorm Gehen. Hier, nimm meine Hand. Hey, bleib mal stehen.

Unsere Konturen grenzen uns klar nach außen hin ab. Kann sein, dass wir ganz woanders hingehören, kann sein, dass wir hier nur so reingerutscht sind. Unsere Kleidung verrät darüber nichts. Jeans und Shirts, gleichermaßen international und leger, immerzu sind wir barfuß, und doch ist der Anlass feierlich, die Angelegenheit ernst. Regen kommt auf, aber wir müssen nirgendwo hin.

Wir warten ab, wir halten still. Vielleicht liegt es daran, dass wir die Blicke spüren, die auf uns gerichtet werden. Oder weil man immer wieder nach uns greift, während wir uns vielleicht selbst noch gar nicht so sicher sind. Haben wir unsere Grenzen überhaupt selbst gezogen? Und ab wann wird ein Greifen eigentlich zum Ziehen?

Wären wir allein, würden wir uns vielleicht ganz anders verhalten, könnten uns auch mal kratzen oder genüsslich mit den Gelenken knacken.
Die Frage stellt sich, wie allein wir wirklich sind. Die Katze ist da, der Vogel, das Gummitier. Der Schwanz einer Ratte, Blicke aus dem Dickicht. Insgeheim und nachdrücklich fragen wir uns, was wir eigentlich ohne sie wären. Die Bienen, die Schmetterlinge. Unsere Elfenohren. Entstammen sie einer Sehnsucht oder einer Fabulation? Vielmehr scheinen wir in eine Situation geworfen, die es wirklich zu erforschen gilt. Die zerzauste Hecke ist unserer Frisur nicht unähnlich. Wir teilen uns dieselben Farben, den gleichen Aufdruck des Buntstifts, das ähnliche Gemisch aus Hasenleim und Acryl. Der Hintergrund formt uns mit.

Draußen, am Stadtrand, am Ortsgang, im Einzugsgebiet. Dieses ganz bestimmte Gefühl. Dieses kurz Davor. Wohnen mit Verkehrsanbindung. Grüßen sich Unbekannte hier schon? Gehen, haben wir einmal gehört, bedeutet den Ort zu verfehlen . Also bleiben wir stehen und schauen zurück.

Text: Lara Hampe

¹ Michel de Certeau: Kunst des Handelns, Berlin: Merve, 1988, S. 197.